Martin, Kevin, Markus, Klaus und der Rhein

Vorgestern gab es Zeugnisse. Das ist immer eine stressige und anstrengende Zeit: sowohl für den Junior, wie auch für mich. Der Junior legt so nebenbei das Zeugnis irgendwo ab, nuschelt was von „Zgnis. Nda“ und versucht sich zu verkrümeln. Klappt natürlich nicht, denn der Herr Papa lernt ja dazu im Laufe der Jahre (bzw. Halbjahre) und hat alle Fluchtwege verriegelt. Hah!

Ich erwische den Junior, wie er versucht, sich durch die Katzenklappe zu zwängen (gleich mal notieren für den Juli: Katzenklappe zumauern!) und zwinge ihn an den Tisch, damit wir uns gemeinsam der Lektüre des Zeugnisses widmen können. Das Kind ist hocherfreut – zumindest interpretiere ich sein Augenrollen so. Kann man eigentlich Augenmuskelkater bekommen? Wenn ja hat der Junior einen, denn die Augen kommen aus dem Rollen gar nicht mehr heraus. Er soll froh sein, dass es nur die Augen sind – bei so einem Zeugnis könnte es auch gut der Kopf sein, der da rollt. Ich erläutere ihm, was solche Noten für sein weiteres Leben bedeuten (Augenrollen seinerseits), dass er sich die Zukunft damit komplett verbaut (Augenrollen), dass das Leben kein Ponyschlecken Ponyhof (noch mehr Augenrollen) und überhaupt das alles ja ganz furchtbar ist (Seufzen seinerseits. Plus Augenrollen). Es folgt das Übliche:

„Aber der Martin hat in Mathe sogar eine Vier und der Kevin auch!“
„Und wenn Martin in den Rhein springt, springst Du dann auch?“
„Wenn der Kevin mitspringt ja!“

Ich habe große Lust, Martin und Kevin in den Rhein zu schubsen, aber weder Martin, noch Kevin geschweige denn den Rhein zur Hand. So ist das mit deutschen Flüssen: nie da, wenn man sie mal braucht. Martine und Kevins könnte man ja auf die Schnelle noch auftreiben, aber den Rhein… Egal. Ich mache weiter mit Erziehung. Auch da die Standards: Das wars! Jetzt hat es Konsequenzen! Kein Internet mehr, natürlich auch kein Fernsehen (außer Sendung mit der Maus oder so Bildungssendungen. Da gehört im weitesten Sinne ja auch Big Bang Theorie dazu… zumindest wenn ich da bin und mitschauen kann. Die Hälfte meines Wissens über wissenschaftliche Phänomene habe ich von Dr. Sheldon Cooper, das ist also durchaus lehrreich!) und Martin und Kevin haben Hausverbot. Überhaupt sind Treffen mit den Beiden in nächster Zeit tabu – Treffen am Rhein wird es mit den Beiden überhaupt nie geben.

Jungs in dem Alter ignorieren ja das meiste, was Erwachsene ihnen sagen – wie man ja auch am Zeugnis sieht – also erläutere ich dem Junior nochmal ausgiebigst und in düsterstem Schwarz seine traurige und erbärmliche und überhaupt ganz grausame Zukunft, wenn die Noten auf dem Level bleiben (Augenrollen). Er steht auf und geht in die Küche, um sich ein Glas Wasser zu holen. Außerdem schickt er sich an, die Schublade zu öffnen, in der Schokolade liegt. Ich halte ihn zurück.
„Schokolade ist keine Lösung! Es sei denn, Du musst ausrechnen, wieviel jeder bekommt, wenn Du zwei Tafeln, bestehend aus jeweils 15 Stückchen hast und das auf Dich, Martin und Kevin bei einem gemeinsamen Ausflug an den Rhein aufteilen musst, was Du aber nicht musst, denn ihr werdet niemals gemeinsam am Rhein sein! Also Finger weg von der Schublade“

Er rollt mit den Augen und zieht von dannen.

Natürlich wäre so ein Stück Schokolade ok gewesen. Martin und Kevin sind schließlich nicht da …dafür aber meine alten Zeugnisse in der Schokoladenschublade. Ich habe sie im Wissen um die Zeugnisausgabe des Juniors dort versteckt. Muss ja nicht sein, dass er die im Aktenschrank sucht (und auch findet) und ich in Erklärungsnot wegen meiner damaligen Noten komme.
Das war ja damals auch alles ganz anders als heute, das kann man überhaupt nicht vergleichen. Ich hatte einfach doofe Lehrer. Die konnten nichts gescheit erklären. Die Wissenschaft war natürlich auch noch nicht auf dem Level von heute und man spürte instinktiv, dass das, was da in den Büchern steht nicht stimmen konnte – und automatisch schaltet das Gehirn dann ab. Kennt die Jugend von heute nicht mehr. Und Mathe… keine Ahnung, was da war. Lag bestimmt auch am Lehrer. Und außerdem hatten Markus und Klaus noch viel schlechtere Noten in Mathe als ich!
Weiß gar nicht, was aus den beiden wurde. Die durften plötzlich nicht mehr zu uns nach Hause und wenn die schwimmen gingen durfte ich nicht mit. Komisch.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.